Anbetung in der Gemeinde
Der nicht mehr ganz neue Pastor (Lars Schwesinger) der Herforder Gemeinde begrüßte als Gastgeber die Besucher des Westkreistages. Ca. 120 Gäste aus den Gemeinden des Westkreises hatten sich zu diesem Tag versammelt um Gemeinschaft zu pflegen, sich auszutauschen und durch neue Impulse für die eigene Gemeinde inspiriert zu werden. Pastor Jan Scheuermann, Westkreisleiter, hob in seiner Einstiegsandacht die Bedeutung von Gemeinschaft hervor. Das Kreuz als Symbol dafür, dass die Verbindung von oben nach unten - von Gott zum Menschen- entscheidend und prägend ist. Aus dieser Verbindung heraus entsteht die Verbindung von links nach rechts, von Mensch zu Mensch. Alles Wachstum, jede Gabe, jeder Dienst und jede Gemeinschaft entspringt aus einer tiefen Beziehung zu Jesus Christus.
Der Referent Arne Kopfermann, bekannt als Lobpreismusiker, Songwriter, Produzent, Redner und Autor versprach eine fachlich gute und inhaltlich anspruchsvolle Auseinandersetzung mit dem Thema „Anbetung“. Das Thema „Anbetung“ führte schon in vielen Gemeinden zu Konflikten. Der Einsatz bestimmter Musikinstrumente wurde gerade zu verteufelt. Texte, Arrangements und Rhythmen veränderten sich im Laufe der Zeit so gravierend und mit einem so hohem Tempo, dass es gerade für die älteren Geschwister nicht einfach war, sich mit dem veränderten Musikstil anzufreunden. Die junge Generation hat ihrerseits mit der alten, manchmal etwas verschnörkelten Sprache und Ausdrucksweise kaum noch Berührungspunkte und es daher schwer, sich dieser Art von Kirchenmusik zu nähern.
In seinem ersten Vortragsteil „das Herz der Anbetung“ führte A. Kopfermann das eigentliche Ziel der Anbetung an. Lobpreis geschieht zur Ehre und zum Lob Gottes. Der Mensch soll ins rechte Verhältnis zu Gott gesetzt werden. Die Erkenntnis der Bedürftigkeit, das Auf-Gott-geworfen-sein, die Sinn-und Hoffnungslosigkeit eines Lebens ohne Gott sollte zu einer demütigen Sehnsucht(e) nach Gott führen. Kopfermann lies die Zuhörer an seiner sehr bewegenden Lebensgeschichte teilhaben. Nach dem Tod seiner Tochter suchte er nach Liedern, die die Schwere und den Schmerz des Lebens zum Inhalt haben. Das Buch der Psalmen hat 68 Klagepsalmen. Ein Zeugnis dafür, dass das Leben kein Schlaraffenland, keine Schlagerparade ist. Arne Kopfermann beklagte, dass in Gemeinden oft ein „weichgespültes Wohlfühlevangelium gepredigt wird, das auf maximale Schmerzfreiheit abzielt“. In den populären Liedern wird häufig von völliger Hingabe und bedingungsloser Nachfolge gesungen. Im Angesicht von Leid und Tod habe er diese Lieder aber nicht mehr so vollmundig oder leichtfertig singen können. In seiner innere Gebrochenheit suchte er nach einer vorsichtigen Annäherung an Gott im Bewusstsein der Bedürftigkeit und Verunsicherung.
Im Lobpreis ist die Größe und Heiligkeit Gottes ein zentrales Thema. Der Mensch ist täglich angewiesen auf Gottes Barmherzigkeit und Gnade. Aus dieser Grunderkenntnis heraus entsteht ein Herz der Anbetung, dass Gott erhebt und ehrt.
Im zweiten Teil beleuchtete Kopfermann den Werdegang der Gesellschaft, der sich auch in den Traditionen der Gottesdienste wiederfindet. „Gesellschaft auf dem Weg in die Postmoderne“ bedeutet für unsere Gottesdienste, dass sich Formen, Rituale, Glaubensüberzeugungen, Menschenbilder, Musikstile, Sprache u.s.w. den gesellschaftlichen Entwicklungen anpasst. Als Beispiel: Saß man früher auf Bänken, hat man heute bequeme Stühle. Ging man früher ortsgebunden zur Kirche im Dorf, gibt die gewonnene Mobilität die Möglichkeit, Gottesdienste überall zu besuchen. War früher der Lebensweg relativ vorgegeben und gewiss, herrscht heute eher Ungewissheit und der Weg kann sich mehrfach ändern. Hörte man früher klassische Kirchenmusik, hielt die populäre Musik Einzug in die Kirchen. Ausführlich verglich Arne Kopfermann die Alte Welt, die Moderne und die Postmoderne miteinander. Dadurch bekam der Zuhörer eine Erklärung für die Veränderungen und hatte die Chance auf ein neues Verstehen im Sinne von „Ursache und Wirkung“.
Leider, so betonte Kopfermann, führte die Diskussion über Lobpreis schon in vielen Gemeinden zu Konflikten.“Lobpreis und Anbetung ist das am stärksten umkämpfte Feld in der Gemeinde“, sagte Kopfermann. Seit Jahrhunderten würde über die Form gestritten. Dabei steht das Äußere für etwas, das im Inneren ist. Die Haltung 'wenn meine Erwartungen erfüllt werden, finde ich es schön und es bringt mir etwas', führt zwangsläufig zu Enttäuschung und Frustration. Das Ziel von Lobpreis und die Motivation dazu kann und soll nicht die Befriedigung der eigenen emotionalen Sehnsüchte sein, sondern Gott wird ein Lob-und Dankopfer dargebracht, weil es ihm zusteht. Die Ausrichtung auf die Größe Gottes führt dann oft genug und fast automatisch dazu, dass das Innere, das Herz, zur Ruhe kommt, frei wird. Dass Sorgen und Nöten zwar nicht ausgelöscht werden, aber die Zuversicht wächst, dass Gott in allen Lagen und über alle Lagen der HERR ist.
Nach diesen Vortragsteilen und der anschließenden Mittagspause folgte der organisatorische Teil des Westkreises. Die einzelnen Bereiche stellten sich vor und gaben einen Einblick und Ausblick. Das Sozialnetzwerk wird aufgelöst, das Beratungsnetzwerk bietet Ratsuchenden in Gemeinden qualifizierte Beratung an. Die Jungschar plant, über das jährliche Jungscharlager hinaus, ein Übernachtungswochenende und zusätzliche übergemeindliche Treffen. Jesus-my-Rock hat für 2017 verschiedene Events geplant u.a. einen mens-day und Baseballturniere. Der AK Mission und Gemeindeentwicklung bietet Hilfestellung bei Öffentlichkeitsarbeit an. Eine Postkartenaktion „mach dir ein Bild von Jesus“ setzt künstlerisch kreativ die Person Jesus in Szene. Mit der Eventkirche steht ein mobiler Kirchenraum zur Verfügung.
Es folgte ein gemeinsamer Gottesdienst mit der Möglichkeit für sich beten zu lassen. Arne Kopfermann hielt eine Predigt über den Text 5.Mose 8,2ff. Das Leben ist nicht schmerzfrei. Es beinhaltet Umwege. Gott schenkt Neuorientierung. Das Leben in der Begegnung mit Gott verändert. Lobpreis kommt über die Lippen, aber er ist vorsichtiger, leiser, andächtiger, sensibler. „Der Schmerz unserer Wüstenzeiten bringt uns nicht um, wenn wir ihm erlauben, uns näher zu Gott zu bringen. Gott versorgt uns jeden Tag frisch. Ich kann nicht den Segen von gestern ins Heute retten“. Jesus bietet sich selbst als Brot und Wasser des Lebens an.
Am späten Nachmittag gab es für die Musiker aus den Gemeinden einen extra Workshop, zu dem ca. 60 Leute erschienen. Auch hier ging es um den Konflikt zwischen Jung und Alt. Ein reger Austausch untereinander lies spüren, dass in nahezu allen Gemeinden diese Schwierigkeiten auftreten. Die Gemeinden, in denen der Konflikt beigelegt war, nannten die Gründe dafür. Sie sprachen von gegenseitiger Wertschätzung, Barmherzigkeit und einer gut gemischten Musikauswahl.
Die Aufgabe des Musikteams ist vielfältig. Es leitet die Gemeinde darin an, in die Anbetung zu kommen. Das Team braucht ein Gespür dafür, wann es sich selbst zurück nehmen kann. Das Team ist Teil der singenden Gemeinde. Die Haltung der Musiker spielt eine große Rolle. Sie ist eine äußere Geste für einen inneren Vorgang. Es geht nicht darum sich zur Schau zu stellen. Im Mittelpunkt steht die Anbetung. Das drückt sich ebenfalls in einer guten Vorbereitung in der Woche aus. Die Lieder sind Platzhalter für Gebete, die man selber gerne sprechen würde. Das freie Gebet hat in den letzten Jahren nachgelassen. Aus Angst, etwas falsches zu sagen oder nicht gut genug zu beten trauen sich viele nicht mehr, laut im Gottesdienst zu beten.
Die neuen Lieder sind im Aufbau komplexer und komplizierter geworden. Gerade die großen Bands können nicht einfach nachgeahmt werden. Besser ist es, ein eigenes Arrangement für die Lieder zu finden und auf das Eigene herunter zu brechen. Die richtige Form, die zu der eigenen Gemeinde passt, ist wichtig. Anzahl der Gitarren, Sänger, Schlagzeug. Je größer die Gemeinde, desto höher wird die Anforderung an die Qualität. Deshalb sollte man sich nicht scheuen, eine Probezeit und bestimmte Kriterien für die Mitarbeit im Musikteam festzulegen. Es ist ehrlicher und weniger verletzend im kleinem Rahmen auf die fehlenden Voraussetzungen hinzuweisen. Außerdem lässt es die Option offen, sich weiter zu entwickeln.
Der Westkreistag war ein gelungenes Zusammentreffen unserer Gemeinden. Das Thema „Anbetung“ für das Verständnis und die Verständigung gut ausgearbeitet und vielseitig. Es wäre schön, wenn noch mehr Gemeindemitglieder und Freunde von diesem Angebot Gebrauch machen würden. Ich habe von diesem Tag gute Denkanstöße mitgenommen. Die Arbeit des Westkreises ist interessant und dient uns in unserem Gebiet. Das Interesse an den verschiedenen Bereichen und das Anteil nehmen aneinander kann uns nur stärken und zusammen schweißen.